„Ehret das Handwerk!“ – sagt meine Omma immer gern.
Und wie die treuen Follower unter euch
wissen: Meine Omma hat immer recht. Sie ist quasi der Bundesgerichtshof unter den Moralaposteln. Vielmehr: in Sachen Unfehlbarkeit ruft selbst der Heilige Vater meine Omma an, wenn er mal nicht
weiter weiß.
Preisfrage: Was haben Omma, Handwerk und mein Autorinnendasein miteinander gemein?
Ich bin in einer Handwerkerfamilie aufgewachsen. Mehr oder weniger.
Oppa war Maurer. Dachte ich. Bis vor kurzem. Denn eigentlich war er angehender Lehrer. Irgendwie kam der Krieg dazwischen. Danach war Oppa Bergmann. Und danach eben Maurer. Ungelernt. Vielmehr:
angelernt.
Boah, Larissa, komm auf den Punkt.
Moment. Gleich.
Mein Oppa und meine Onkel haben meinen Vater, der als gelernter Schlosser „bloß Heimwerker“ ist, immer ein bisschen belächelt. Dass meine Mutter ihn überhaupt heiraten durfte, haben wir ihrem
Sturkopf zu verdanken. Dass das Haus meiner Eltern unter Denkmalschutz gestellt wurde, jedoch eher den „Heimwerkerkünsten“ meines Vaters. Für ihn war bisher die größte Anerkennung, dass ein
Architekturprofessor meinte: „Da waren aber ausgezeichnete Handwerker am Werk.“
So, Achtung, ich komme so langsam auf den Punkt. Ihr ahnt aber schon, worauf ich hinauswill?
Wenn’s gut werden muss … Kreativität und Hands-on-Mentalität machen noch lange kein gutes Produkt. Ebenso wenig tut es aber ein Label um seiner selbst willen – Perlen und Säue gibt es hier wie
dort. Letztlich ist Vieles, besonders im Unterhaltungsbereich, eine Frage des Geschmacks. Auch wenn Kunst von Können kommt – weil es allein beim Wollen „Wunst“ hieße – so obliegt der
künstlerische Aspekt immer dem Auge des Betrachters.
Blut, Schweiß und Tränen stecken in jedem Buch. Ob das fertige Werk nun von Hand- oder Heimwerker stammt, ist – sofern die Qualität stimmt – unerheblich. Abgesehen davon, dass „Schriftsteller“
weder eine geschützte Berufsbezeichnung wie Arzt oder Anwalt ist, ist es auch kein Lehrberuf und man zeige mir bitte den (deutschen) Studiengang, nach dem man approbierter Autor ist. Ja, ich
weiß, dass es viele Fernstudiengänge zu diesem Thema gibt. Dass Germanisten, Mediävisten, Komparatisten und Literaturforscher allesamt ein gewisses Handwerkszeug erlernen. So wie eben auch Maler
und Bildhauer. Dabei geht es unter anderem um Grammatik, Orthografie, Interpunktion. Erzähltechniken, Charakterentwicklung, Spannungsbogen und das Verpönen von Adjektiven. Stil.
Autor. Vom – ihr ahnt es – lateinische Wort „auctor“ abgeleitet, bedeutet so viel wie Urheber, Verfasser. Daher darf sich, ganz legitim, jeder Autor nennen, der einen Text verfasst hat. Juchu.
Wir sind alle Autoren.
Larissa, wolltest du nicht auf den Punkt kommen?
Ja, sorry. Also: Worin unterscheidet sich nun – abgesehen von der Etymologie (ja, Frau Schwarz kennt Fremdworte) – der Schriftsteller vom Autor? Ohne eine Einschränkung in puncto Genre
vorzunehmen, hat der Schriftsteller den Anspruch, ein literarisches Werk zu verfassen. Demnach kann man ganz platt behaupten, dass jeder Schriftsteller ein Autor ist. Erneuter Jubel: Nix falsch
gemacht bei der Gestaltung der Visitenkarte! Aber wieso habe ich nicht Schriftstellerin draufgeschrieben? Gute Frage. Werde ich ausgegrenzt? Will ich mich etwa abgrenzen? Bin ich weniger
attraktiv zu lesen, als ein Autor, der sich „Professional Writer“, „Published Author“ oder „Staff Writer“ nennt? (Warum man das unbedingt auf Englisch machen muss, ist mir schleierhaft. Bringt
mich aber auf Ideen für weitere Beiträge. Thanx!)
Boah, Larissa, was willst du? Du faselst erst was von Hand- und Heimwerkern und nu sind Anglizismen an der Reihe jetzt sag doch mal endlich –
Ich will damit sagen, dass auch der Begriff Schriftsteller weder ein Qualitätsmerkmal, noch einer besonderen Gruppe von Autoren vorbehalten ist. Nix da Elfenbeinturm und Elite. Wer sich für einen
Schriftsteller hält, darf und soll sich so bezeichnen. Und ganz nebenbei: Nicht alle Autopublizisten sind gleichwohl Autodidakten. Aber Amateure. Was es mit denen auf sich hat, wisst ihr ja aus
„Blogger sind Freunde“.
Und warum bezeichnest du dich dann nicht als Schriftstellerin?
Ich mag das Wort nicht. Ganz einfach.
Na toll. Und warum dann Autorin zweiter Klasse?
Weil man als Selfpublisher gern so betrachtet wird. Für das Feuilleton, sofern es uns wahrnimmt, sind wir Dilettanten. Nestbeschmutzer, die das Handwerk des Literaten in Verruf bringen. Mit ihrer
Flut an Trivialliteratur den Tümpel des Anspruchs zu einem Ozean verwässern. Die sich anmaßen, mit ihrem Unvermögen –
Larissa. Jetzt mach mal nen Punkt.
Na gut. Punkt. So dramatisch ist es tatsächlich nicht. Es gibt keinen Krieg Handwerker vs. Heimwerker. Schriftsteller vs. Autoren. Verlagsautoren vs. Selfpublisher. Es gibt jedoch kritisches
Beäugen auf beiden Seiten. Aber meistens eine wertschätzende Haltung einander gegenüber. Und das ist auch gut so. Denn den Kampf gegen die Pirates of the eBookian (siehe vorherige Veröffentlichungen) bestreiten wir alle an derselben
Front. Den um Leser und Aufmerksamkeit zwar auch, aber „Qualität setzt sich immer durch!“, würde meine Omma jetzt sagen. Und die hat ja bekanntlich – Dabadajajippiejippieyeah!
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