1. Behaupte, du seist kein Blogger. Und dann blogge regelmäßig auf deinem privaten Profil über Dinge, die dein Leben als Autor betreffen. Weil das so interessant ist. Schieb ruhig auf die Leser,
dass du in deinem Manuskript nicht weiterkommst.
2. Schaff dir eine Katze an. Schieb es ihr unter die Pfoten, dass du gerade nicht arbeiten kannst.
3. Beobachte deine Katze. Siehe 2.
4. Mach dumme Kommentare darüber. Siehe 2.
5. Richte ihr eine Facebook-Seite ein und schreib dort über sie. Siehe 1.
6. Lies die Timelines deiner Freunde und Kollegen. Nenn es Recherche oder Marktforschung. Gib ihnen die Schuld, dass du zwar 1.436 Wörter in Kommentaren, aber kein einziges für dein aktuelles
Buch geschrieben hast.
7. Kapere einen Post eines befreundeten Autors, um ihm Reichweite und Sichtbarkeit zu verschaffen. Schreib einfach drei Stunden lang dummes Zeug unter den Beitrag und schweife dabei so viel wie
möglich ab. Verbuche das unter Freundschaftsdienst.
8. Aktualisiere so oft wie möglich deinen Browser. Bei Facebook. Lovelybooks. Amazon. Nachrichten. Maileingang. WhatsApp. iMessage. Immer wieder. Und nochmal. Nochmal. Ja, und jetzt nochmal.
Schieb es darauf, dass du mitbekommen willst, wenn dein aufstrebender Stern zur Supernova wird, weil du nicht mehr nachliefern kannst, weil du nichts mehr schreibst.
9. Essen. Alle sagen, du musst mal was essen. Also isst du. Ergo sind alle schuld.
10. Trinken. Siehe 9.
11. Sport. Man müsste sich mal mehr bewegen. Spurte in die Küche, reiße mit aller Macht die Kühlschranktür auf, stemme die Tonnen an Schokolade, schlinge sie gierig runter und schleppe dich dann
mit letzter Kraft zurück an den Schreibtisch. Untrennbar verbunden mit:
12. Schlafen. Sei es, dass du noch im Suppenkoma aus 11. liegst, deine Katze dich desnachts auf Trab gehalten hat oder du einfach deine Superkräfte zu verlieren befürchtest – du gönnst dir ein
paar kuschlige Stunden im Plumeau und schon bleiben wertvolle Seiten ungeschrieben.
13. Lies ein Buch. Autoren sollen ja bekanntlich viel lesen, um ihren eigenen Stil zu finden und zu verbessern, Impressionen zu bekommen und möglichst belesen zu sein [wo sie doch viel lieber
gelesen wären]. Die entgangene Schreibzeit geht dann auf das Konto anderer Autoren. Auch sowas wie ein Freundschaftsdienst.
14. Schaff dir einen platonischen Freund an. Schieb es auf ihn, dass du keine Zeit mehr zum Schreiben hast.
15. Google „Platon“, wundere dich und denke intensiv über die Beziehung zu diesem Freund nach. Schieb es auf das deutsche Schulsystem, dass du diesen Exkurs selbst machen musstest und nenne es in
der Danksagung deines nächsten Buches als „Zeitfresser des Jahres“.
16. Koch dir einen Kaffee oder ein anderes Heißgetränk. Stelle fest, dass es besser schmecken könnte. Du hast ja viel über Geschmack gelesen in den vielen Büchern, also fragst du dich, ob da
nicht noch Optimierungspotential ist. Bedanke dich mal wieder bei anderen Autoren für die vielen wundervollen und notwendigen Adjektive in ihren Büchern, die deinen Geschmack verbessert haben.
17. Recherchiere im Internet, welche Kaffeemaschine, welcher Wasserkocher oder Samowar zur Genussoptimierung beitragen könnte. Natürlich ist die Auswahl schuld, dass du nicht mit deinem Roman
weiterkommst.
18. Geh raus in ein Fachgeschäft vor Ort und kaufe dort ein. Das Gespräch mit dem Verkäufer wird dich zwar auch Lebenszeit kosten und vom Schreiben abhalten, aber du gewinnst immerhin neue
Eindrücke. Wenn du zurück bist, bist du aber erstmal mit Auspacken und dem Lesen der Bedienungsanleitung beschäftigt. Diese vergeudete Zeit kannst du definitiv dem Hersteller in die Schuhe
schieben. Versteht doch eh kein Mensch, was die wirklich meinen.
19. Duschen. Eigentlich interessiert es höchstens deinen platonischen Freund und die Katze, dass du wie ein Iltis stinkst. Deine Eltern haben dir aber eingetrichtert, dass du mindestens einmal am
Tag duschen solltest. Sie sind schuld, dass du nicht fertig wirst.
20. Beginne ein neues Buch über die Eindrücke aus 1-19, plotte es sorgfältig und kreiere eine Mindmap. Das lenkt dich ein Weilchen ab. Schuld sind natürlich alle Vorgenannten.
21. Vergiss, Sicherheitskopien zu erstellen. Es macht viel mehr Spaß, alles nochmal neu zu schreiben. Bedanke dich dafür bei deinem abgelenkten Gehirn. Noch besser: Vermeide absichtlich,
zwischenzuspeichern. Das kann einem ja schon so ein bisschen den Kick geben – dass du nicht weiterkommst, sind nur Adrenalin und Endorphin schuld.
22. Lies Larissas Blog. Gib ihr die Schuld, dass du Schreibzeit geopfert hast.
22,5. Gib ihr nen Keks und schreib einen Kommentar, dann darfst du sofort wieder an den Schreibtisch.
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