Dieser Tage wird in den sozialen Medien viel und häufig über die sozialen Medien lamentiert. Frau Schwarz findet das einerseits nervig, andererseits kritisiert sich das System ja damit selbst, was sie wiederum spannend und für erwähnenswert hält. Ein Teufelskreis.
Wenn Frau Schwarz gerade nicht mit Dutt, Hornbrille und Fräulein-Rottenmeier-Kostümchen an der Tafel steht und als menschliches Navigationsgerät ihre eigenen Mindmaps erläutert, schreibt sie. Romane. Dramen. Zeugs. Worüber sie dann wiederum in sozialen Netzwerken berichtet. Auch ein Teufelskreis. Und ihr seid darin gefangen.
Für jemanden, der unter anderem Soziologie studiert hat, liegt natürlich die Frage nahe, was an diesen sozialen Netzwerken so sozial ist. Erst mal ist das ja eine Übersetzung aus dem Englischen, „social“ hat als häufigste Konnotationen „sozial, gesellig, gesellschaftlich“. Hervorragend. Der Duden ist da etwas ausführlicher, jedoch läuft das alles irgendwie darauf hinaus, dass man nicht allein ist. Der ein oder andere hat auch „einen neben sich herlaufen“, was irgendwie auch allzu deutlich wird. Frau Schwarz spricht sich davon nicht frei, keineswegs. Das haben Dinslakener wohl so an sich.
Aber von Anfang an. Drehen wir das Rad der Zeit zurück, um etwa ein Jahr. Frau Schwarz, die bis dahin zweimal in sozialen Netzwerken angemeldet und nach einer Weile „aus Gründen“ die selbigen wieder verlassen hat, wagt sich, nach ihrer ersten Romanveröffentlichung mit fremden Menschen zum Austausch darüber in Kontakt zu treten. So weit der Plan.
Bevor sie an Tag eins dazu kam, ihr Profil auf Vordermann zu bringen, kamen die Männer. Und mit ihnen aberwitzige Unterhaltungen. Noch in der ersten Stunde kamen sechs Chat-Anfragen mit „Wie gehz?“, „Meine Frau weiß nichts davon, aber ich stehe auf Füße.“ und „FICKEN?“ auf dem Monitor. (Ja, das Jahreskontingent an „ficken“ ist noch nicht verbraucht, sorry.) Es flatterten höchst inspirierende Bilder durch den Messenger. Penisse so weit das Auge reicht. Freund und Omma lachen heute noch, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Schön fand Frau Schwarz ja, dass man nicht mehr nach Pornos suchen musste, die kamen nämlich frei Haus – für eine Autorin natürlich großartiges Anschauungsmaterial, leider stieg mit der Zahl der eingehenden Nachrichten nicht die Qualität. Alles muss man selber recherchieren …
Bevor sie aber auch nur in die Nähe ihrer Leser kam, kamen Angebote für Rezensionen zu ihr. Nicht für ihre Bücher. „Du bist doch Autorin, magst du nicht mein Buch beim großen A bewerten? Ich habe dir den Text schon mal reinkopiert.“
[Abgesehen davon, dass ich nicht verstehe – vielleicht tut mir ja jemand von euch den Gefallen und erläutert mir das – warum so oft vom „großen A“ oder „Amazonien“ oder „Amazonas“ die Rede ist, statt es einfach beim Namen zu nennen: Aldemort. Egal. Freundliche Absagen formuliere ich mittlerweile im Tiefschlaf, schade nur, dass man keine moralische Instanz hat, an die man diese „Undine Unding Autorin“nen melden kann. Bei den Ehefrauen der Männer mit den Penis-Bildern gab es immer sehr nette Rückmeldungen und die Aussage, dass man sich um das Problemchen kümmern würde. Gern geschehen.]
Habt ihr gesehen? Frau Schwarz macht sich über Autoren lustig, die „Autor“ als Namenszusatz führen. So wie andere Nutzer ihren Doktorgrad aufführen oder ihre Adelstitel auflisten. Wer’s braucht ... [Denkt euch hier bitte einen Seufzer mit Augenrollen.] Eigentlich ist für sowas doch das Info-Kästchen da, oder? Aber da steht meistens: Arbeitet bei – geht niemand was an. Oder auch sehr gern gesehen: Welche Schule hast du besucht? Schule des Lebens. Himmel, wenn ihr keine Auskünfte über euch geben wollt, dann lasst den Scheiß doch frei und profiliert euch über das, was ihr schreibt!? Aber nein, Undine Unding Autorin – Frau Schwarz hofft, dass niemand auf die beknackte Idee kommt, sich je so zu nennen; falls doch: Dieser Artikel war zuerst da! – Undine Unding Autorin ist zur Schule des Lebens gegangen, wohnt in Hogwarts und arbeitet bei geheim. Sehr aufschlussreich, da hab ich als Leser direkt einen guten Eindruck. Und als „Liebe Autorenkollegin“, als welche ich bezeichnet wurde, direkt einen noch besseren. Nur übertroffen von dem Versuch der – ja, was ist das eigentlich (abgesehen von asozial)? Betrug? Schönfärberei? Kungelei? Egal, wie man es nennt, es ist weder rechtens noch moralisch wertvoll.
Verstehen wir uns bitte richtig an dieser Stelle, eine freundliche Anfrage im Sinne von „Hey, ich würde dir gern mein Buch zur Verfügung stellen und dich um eine Rezension bitten, im Gegenzug lese ich gern auch deines und schreibe etwas dazu. Wir verpflichten uns zu nichts weiter und schon gar nicht zu Gefälligkeitsbewertungen.“ ist okay – Hey, da simma dabei, dat ist priiimaaa. Feedback von anderen Schreibenden ist nicht verkehrt und kann einen enormen Schub geben. Wenn man das Buch so scheiße fand, dass man es abgebrochen hat oder nicht beurteilen will – gut, dann schreibt man eben: „Sorry, ist nicht meins, ich möchte dazu lieber nichts schreiben.“ Aaaaaaaber: das traut sich ja kaum jemand.
Auf der anderen Seite sind aber alle sehr von sich selbst überzeugt. Kaum hast du die Freundschaftsanfrage bestätigt, folgen diverse Einladungen, Seiten zu liken. Puuuh. Frau Schwarz fragt auch den ein oder anderen über diese Funktion, ob er ihre Seiten nicht liken möchte. Aber dann hat derjenige entweder bereits Content dieser Seite gelikt oder aber es gab schon einen anderen Austausch – nein, keine Körperflüssigkeiten. Was denkt ihr denn von Frau Schwarz? [Es heißt übrigens nach wie vor: Einladung. Man kann es einfach stehenlassen und gut ist. Keine Reaktion = Einladung ausgeschlagen.] Also keinen Like-Austausch, likst du mich, like ich dich. Das geht ja auch meistens in die Hose. Als Newbie macht man ja jeden Scheiß mal mit, Frau Schwarz fragt sich heute noch, ob sie tatsächlich damals in dieser Fleischerei im Harz war und ob der Hundefuttermittelhersteller der mit dem großen Penis war, dessen Frau sie aus Verzweiflung zum Seitenlike eingeladen hat oder ob man sich auf einer Like-Party kennengelernt hat. (Huch, sie hat „großer Penis“ geschrieben …)
Bevor ich das vergesse:
Hiermit bitte ich, Larissa Schwarz, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte (eventuell durch ein Glas Rotwein etwas gemindert), alle um Entschuldigung, die ich mit meinen wilden Likes verstört habe. Ich war neu und brauchte die Gegen-Daumen.
Heute weiß ich natürlich, dass man das wesentlich besser und nachhaltiger durch überzeugende Inhalte (Gewinnspiele) und Werbung (heißer, reicher Kerl hat Sex mit heißer, reicher Frau (keine Koinzidenz) hinbekommt. Frau Schwarz weiß das auch. Inzwischen. Ebenso wie die Tatsache, dass eine Melody Harmony Heierman vermutlich nicht wirklich aus Dinslaken kommt und die „großen Brüste“ nicht wirklich „heiß und feucht“ (sic!) sind. Oder doch, aber dann will sie die „genau Address“ lieber nicht erfahren. Nicht, dass sie da beim Einkaufen hin und wieder vorbeikommt … was sollen denn die Nachbarn denken …
Was man diesen Melody Harmony Heiermans ja lassen muss ist, dass sie mit ihren zu großen Brüsten und zu vollen Lippen super in das Beuteschema einer anderen Jagdgemeinschaft passen. Ja, ihr ahnt es und ihr seid es ebenso leid … Die Bodychallenger. Frau Schwarz freut sich ja immer über die Aufmerksamkeit dieser Menschen, die ihr Profil angesehen haben. Sie sind sich alle sicher, dass Frau Schwarz bestimmt was an ihrem Körper optimieren möchte. Frau Schwarz teilt diese Auffassung – aus Gründen – nicht.
Also, zum Mitschreiben: Frau Schwarz ist 1,68 Meter groß, wiegt aktuell knapp 60,1 Kilogramm und ist Flexitarierin. Kann kochen wie Mutti und saufen wie Vatti – deswegen ist sie auch glücklich vergeben. Und Frau Schwarz‘ Mutti ist keine minderbemittelte Matrone, die noch nach dem kalorien- und cholesterinschwangeren Schulkochbuch des Herrn Dr. Oetker ihre Mahlzeiten zubereitet. Vatter Schwarz ist zwar Teilzeitdiabetiker, aber einem oder zwei guten Tropfen nicht abgeneigt und durchaus in der Lage, nach einer Flasche Wein seinen Blutzuckerspiegel noch aussagekräftig zu bestimmen. Er spielt übrigens auch Lotto. Frau Schwarz‘ Intelligenzquotient liegt jenseits der 130 – Also liebe Challenge-Anbieter: Die is nich doof. Die lässt sich auch nur schwer überzeugen und schon gar nicht verarschen. Honig ums Maul ist zwar süß, klebt aber und gibt langfristig Karies – seid lieber sparsam damit, die Bienen sterben sowieso aus.
Zurück zum Glück. Frau Schwarz pausiert aktuell zwar wettkampftechnisch, aber läuft Halbmarathon und fährt Snowboard. Liebe Damen der Proteinshake-Industrie, die ihr Opfer der Schneeballsystem-Lawine durch Überrollen geworden seid: Wenn Frau Schwarz etwas optimieren möchte, ist das höchstens eure Wahrnehmung. Nehmt bitte die Augmented-Reality-Brille ab und kommt ins Hier und Jetzt, was ihr macht, grenzt an Verbrechen. Die Versprechungen sind kaum haltbar, ein Hühner-Ei hat besseres und verwertbareres Protein als eure Pressholz-Riegel. Einer von Frau Schwarz‘ besten Freunden ist Endokrinologe – macht euch also bitte keine Sorgen um ihre Blutwerte, die sind wie aus dem Lehrbuch.
Wobei – na gut. An dieser Stelle gebe ich zu, dass ich mir gern erlaube, den Spieß umzudrehen und dabei Betroffenheit erzeuge, schaue, wie weit diese Herrschaften für den Erfolg gehen würden.
Was? Frau Schwarz ist eine Lügnerin? Nein, sie dehnt höchstens die Wahrheit. Sorry, ist ihr Job. Wer den Adelsroman reanimiert und einen (heißen, reichen) Mann zum anbetungswürdigen Submissive macht, dabei fröhlich aus seinem Privatleben auf Facebook und G+ postet, der muss ein bisschen Nebelschwaden wabern lassen, damit nicht bei der nächsten Joggingrunde so ein Challenge-Häschen vor der Haustür steht und mithoppeln möchte.
Weil Frau Schwarz euch so lieb hat, verrät sie euch aber ihr Patentrezept, um diese „Bunnnnnyyyyys“ loszuwerden. Klappt allerdings nur, da sie Bilder von sich auf Facebook hat, auf denen man erkennt, dass sie mindestens halbwegs die Wahrheit sagt. [Für Alternativen schreibt mich gern an, ich denke mir eine Standardantwort für euch aus. Gratis. Weil es Spaß macht. So sehr, wie diese Standardanfragen! Setzen wir Ihnen ein Ende, beantworten wir Spam mit Spam!]
Anfrage: Huhu Larissa, Du schreibst Bücher?!
Wie cool, ich lese auch total gern
Ich bin übrigens „Blödbirne Bodyverbesserung“ [Anmerkung von Frau Schwarz: Name geändert] und seit Dezember hab ich angefangen mir und meinem Körper was gutes zu tun, mit gesundem Essen und etwas Bewegung, weil leider hab ich keinen zweiten im Schrank
Interessierst dich zufällig auch dafür? Vielleicht hast ja mal Lust über mein Profil zu fliegen?
Würd mich freuen von dir zu lesen, ganz liebe Grüße
Hohuiiii – eigentlich ein gefundenes Fressen, allein schon aus sprachlicher Sicht. [Die Fehler hab ich zum Spaß einfach mal alle da gelassen, wo sie sind.] Aber in Zeiten der Optimierung fertigt Frau Schwarz die Standardanfragen inzwischen standardisiert ab. Et voila:
Antwort: Huhu „Blödbirne Bodychallenge“! Schön, von dir zu hören. Ich hab momentan alles gut im Griff, nachdem ich 2016 schon untergewichtig bzw. nahezu magersüchtig war. Deswegen kommt für mich "Optimierung" ohne ärztliche Begleitung nicht in Frage. Mein Sport-/Ernährungs-/Gesundheitsprogramm ist gut eingestellt und ich bin derzeit normalgewichtig, daher freue ich mich zwar über jeden, der echte Hilfe anbietet und für diese Idee brennt. Es gibt echt einige Menschen, die das wirklich interessiert, mich würde das aber nur in die falsche Richtung führen. Hab noch eine gute Zeit und sieh bitte von weiteren Anfragen in diese Richtung ab. Danke.
Huch, Frau Schwarz war magersüchtig? Nein. Nicht tatsächlich. Der BMI war zwar durch einen hohen Muskelanteil eh verfälscht – jemand wie beispielsweise die Klitschko-Brüder würde anhand des BMI als fettleibig eingestuft, da der Körperfettanteil bei der Größen-Gewichtsformel nicht berücksichtigt wird – aber das Stilmittel der Übertreibung darf man als Autorin ja hin und wieder anwenden. So wird aus einem sehr niedrigen BMI eben eine Magersuchttendenz. Mit diesen Formeln werfen jene Damen und Herren ja gern um sich, haben aber von Sportwissenschaften und Oecotrophologie in der Regel so viel Ahnung wie ein Schwein vom Eierlegen. Die meisten können gerade noch die Werbebroschüren des Anbieters herunterbeten, da hört es dann aber in puncto wissenschaftlicher Expertise auch schon auf. Jeder halbwegs gescheite Arzt würde das als fragwürdig einstufen, aber per PN auf Facebook darf man anscheinend alles, man kann die Personen ja blockieren. Macht Frau Schwarz aber nicht. Die haben ihr ja nichts getan, außer ein paar Sekunden Zeit zu stehlen. Und plötzlich mutiert sie zur Bitch, zur Like-Schwester im Geiste, schießt noch eine Nachricht hinterher:
Aber hey, ich hab gesehen, dass du gerne liest – cool. Ich schreibe Liebesromane mit starken Frauen und Anspruch, vielleicht fliegst du mal über mein Aldemort-Profil und kaufst einfach alle Bücher, die sind günstiger als deine Protein-Riegel und wesentlich nachhaltiger, da investierst du in deine Unterhaltung und deine Bildung. Gleich zwei Optimierungspotentiale auf einmal genutzt – fänd‘ ich voll sozial von dir!
Drücke die Eins für Penis-Bilder, die Zwei für Hirn-Nahrung und die Drei für Larissas Facebook-Profil.
Kommentar schreiben
Vero Havre (Freitag, 04 August 2017 23:43)
Haha, ja Bodyverbesserinnen haben mich auch schon angeschrieben und nicht verstehen können, dass eine Frau behauptet, nichts an ihrem Körper verbessern zu wollen. Und wenn schon, warum sie sich weigert, ihren Erfolg (? welchen nur - dass ich mir nicht vorschreiben lasse, wie ich auszusehen habe) mit anderen zu teilen und ab sofort Vero Blödbirne Bodychallenge wird. Gott sei Dank bin ich von den anderen Dingen (anscheinend weil ich einfache Userin und nicht Seiteninhaberin bin) bisher verschont geblieben.
Deinen Artikel habe ich genossen, Danke.
Silke (Samstag, 05 August 2017 09:37)
Ach Larissa... Ich mag Dich einfach. :-) Muss an unserem IQ-Level liegen *haha*
Misspelled (Samstag, 05 August 2017 10:47)
Das war das Wort zum Samstag, locker und flockig wie ich es von Frau Schwarz gewohnt bin. Ich gebe dir in allem Recht und freu mich, dass du den Sarkasmus zu diesem Thema grüßen lässt ... irgend etwas habe ich richtig oder vielleicht falsch gemacht, penisbilder blieben mir bis jetzt Gott sei dank, erspart. Aber das liegt vielleicht eher daran dass ich mein reales Alter angegeben habe ... lacht schallend ... ansonsten löschen ich ins und Freundschaftsanfragen einfach die mich nicht interessieren. ... Wünsche dir und deiner Familie ein schönes Wochenende eure Missy
Marita Zschenker (Dienstag, 17 Oktober 2017 08:10)
Was für ein toller Text Frau Schwarz!
Kati (Dienstag, 17 Oktober 2017 08:49)
Ähm ich würde sagen wir bleiben alle wie wir sind...und Fettnäpfe,Fehlerhaftigkeit und natürlich unkontrollierbar....alle Trinken ein Glas Wein...Bier...Sekt...oder alles zusammen und Freunden uns darüber das wir Larissa haben, obwohl wir nix verkaufen,ihr keine Proteine schenken und leider auch alle anders sind...was liebt die Industrie die Gleichmacherei. Ach und Larissa auch Likes vergeben heißt nicht ich will dauergespamt werden�