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Wie kannst du nur? – Leben

Aus Sicht meines Psychologen ist es nicht wirklich erquickend, sich für Dinge zu rechtfertigen, die niemand anprangert. Generell macht eine Rechtfertigung nur dann Sinn, wenn – nein, eine Rechtfertigung macht überhaupt keinen Sinn. Nie. Mit ihr geht nämlich immer eine Form von Rechtsbewusstsein einher, die dem Gesagten divergiert. Obwohl sie eigentlich kohärent ist. [Nein, ihr seid nicht im Fremdwörterkurs von Frau Schwarz gelandet. Alles verlinkt, wie ihr seht. Ein Klick und klar ist die Brühe!]

 

Kurzum: Es ist völlig bekloppt, sich für etwas zu rechtfertigen. Egal, ob jemand danach gefragt hat, oder nicht. Deswegen – jetzt bitte den Triumphmarsch aus Aida im Kopfradio abspielen – gibt es hier stattdessen eine Erklärung. Oder mehrere. In wohlmeinender Absicht.

 

Kommen wir zu einem aktuellen Thema. Klimawandel.

 

Wie kannst du nur, angesichts des Klimawandels, ein Auto kaufen und regelmäßig fahren, das gut 20 Liter (verbleites) Super-Benzin verbraucht und dich damit auch noch zu vermeintlichen Werbezwecken in Szene setzen?

 

Wie? Ganz einfach. Monatelang nach so einem Geschoss suchen, welches das Herz bereits seit Jahren begehrt und auf das man eine Weile gespart hat. Finden. Kaufen. Reinsetzen. Losgurken. Bilder machen.

 

Und das auch noch guten Gewissens. Denn die Möhre ist umweltfreundlicher als jede beschissene Flugreise, jede verdammte Kreuzfahrt und jedes noch so billige Stück Massentierhaltungsfleisch.

 

Was direkt zum nächsten Thema führt.

 

Wie kannst du nur, wo doch so viele deiner Freunde Veganer sind, noch Fleisch essen?

Vollständig (damit auch die Links nicht untergehen) muss die Frage lauten: 

 

Wie kannst du nur, wo doch so viele deiner Freunde Veganer sind und du beim „Faces of truth“-Film geheult hast, noch Fleisch essen?

 

Nicht so ganz einfach. Ich liebe Tiere. Ich verabscheue Leid. Jeder, der sich vegan ernährt bzw. lebt, erfährt meine Achtung und Aufmerksamkeit. Und indem ich mir über Aufzucht, Haltung und Schlachtung dieser Tiere ein genaues Bild mache und insgesamt wenig tierische Produkte zu mir nehme – hm. Dadurch werde ich weder Veganer, noch ein besserer Mensch. Ja, diese Bilder aus dem Schlachthaus verfolgen mich, diese Videos von Tiertransporten, Versuchen an Affen und weinenden Kälbern sind nichts, was mich kalt lässt. Ich kann mit Gewohnheiten bestens brechen, von daher rührt auch der verminderte Konsum. Das Bewusstsein über den Genuss von Käse, Eiern und ja, auch dem verdammten Steak, ab und zu, führt zu einer Wertschätzung gegenüber dem, was ich auf dem Teller habe. Ganz davon wegzukommen … I don’t know. Was nicht gleichzusetzen ist mit „Go vegan? Geh mir wech!“ sondern mit „Quo vadis? Vegan vielleicht, aber eventuell auch in die Küche, ne Currywurst brutzeln“. Geht auch vegan. Schon ausprobiert. Noch nicht ultimativ beschieden. Mit Lisa von Faces of Truth gibt es demnächst übrigens ein Kochabend-Spaßhab-Interview. Wer weiß, wer weiß ...

 

[Schlagt mich, kratzt mich, beißt mich, gebt mir Tiernamen – aber bevor ihr über mich urteilt, zeigt mir, dass ihr es auf ganzer Linie besser macht und es euch physisch und psychisch besser geht als mir.]

Mein evolutionstheoretischer Selbsterhaltungstrieb lässt sich nämlich schwerer umprogrammieren als mein „ich müsste mal wieder laufen gehen“-Areal und das „für Output bitte den Input erhöhen“-Sektor. Was wiederum auf ein anderes, seltsamerweise häufig angesprochenes Thema führt:


Wie kannst du nur keinen Fernseher haben und so wenig lesen – als Autorin?

 

Feine Sache, das. Und grundfalsch. Ich nenne ein Fernsehgerät mein Eigentum, habe nur kein TV-Programm zur Verfügung. Weder Kabel noch Satellit, noch sonst was. Nur Internet und damit Zugang zu allen möglichen Mediatheken. O Graus! Nur das, was ich wirklich sehen will, kommt auf die Mattscheibe. Kein Netflixen, kein sinnfreies Berieselnlassen, kein Binge-Watching und kein Scripted-Reality-TV. Herrlich. Ich kann mir seit fast drei Jahren kaum etwas Schöneres vorstellen. Und nur, weil ich kaum Bücher lese – was auch nicht stimmt, aber da ich … Moment, das erkläre ich gleich. Also, ich lese wenig Bücher befreundeter Autoren, kaum etwas von irgendwelchen Bestsellerlisten und absolut keinen Wortmüll. [Hier sei auf folgende Artikel hingewiesen, die diese Haltung erläutern: Ficken zum 1., Ficken zum 2. und Ficken zum 3.

 

Stattdessen lese ich, bekennenderweise, Thomas und Klaus Mann, Jane Austen, Tolkien und Hemingway. Versaut völlig meine Sprache, macht sie obsolet und lässt meine Romane unrund klingen. Danke. Gerne. So soll es sein. Das ist wie Kröten über die Straße tragen: Es bewahrt Worte vor dem Aussterben und legt den Fokus auf den Inhalt, die Metaebene und das Zwischenmenschliche. Im positiven Sinne. Und ich weiß dennoch, was im TV läuft, da ich in den sozialen Medien damit überhäuft werde. Jeden Tag wühle ich mich aus diesem Fäkalhaufen heraus, dusche und ziehe frische Kleidung an, damit mir dieser, ich gebe es ja zu, leichte Voyeurismusduft nicht länger anhaftet.

 

Und schwupp sind wir beim nächsten Punkt. [Die Überleitung leitet ihr euch schön selbst her!]

 

Wie kannst du nur deinen Arsch und deinen seltsamen Schmollmund dafür hergeben, Follower zu generieren?

 

Hm. Kleidchen an, Lipgloss drauf und los geht’s. Einen talentierten Fotografen zu finden ist da schon schwieriger. Aber das ist Nebenkriegsschauplatz. Der Unique-Selling-Point meiner Bücher sind Vibratorkatzen und starke Frauen (was im 21. Jahrhundert echt traurig ist – also die Tatsache, dass das Alleinstellungsmerkmale sind). Der USP meines Marketings – bin ich.

Sorry, wenn das arrogant klingt. Aber wenn man konsequent an sich, den Inhalten seiner Botschaften und dem ganzen Drumherum arbeitet, lernt man zwar schnell, was greift und was nicht, aber man entdeckt erst im Laufe der Zeit, dass man nur vorankommt, wenn man authentisch und frei von Blockaden ist. Ein Shootingstar geht so schnell wie er gekommen ist. Tagtäglich an sich und seiner Außenwirkung zu arbeiten erfordert nicht nur langfristige Ausdauer, sondern auch stabile, solide Grundlagen. Ich suche noch danach …

Spaß beiseite. 100.000 Instagram-Follower sind ne Hausnummer, aber die kann man so oder so zusammenkriegen. Entweder opfere ich 500 Euro oder ein Bild von meiner Katze mit einem Vibrator. Mein Hinterteil gefällt mir und wenn mir danach ist, ziehe ich eine kurze Hose oder einen Rock an und wackel darin damit. Shake it like a Polaroid picture. Für meine Unterlippe kann ich (aktiv) nicht viel, die flutscht halt immer so weg; Ergebnis jahrelangen „Flunschziehens“, a.k.a. Schmollen. Wem’s gefällt, der darf diese Bilder mögen, allen anderen sei gesagt: Sex doesn’t sell. [Auf Anfrage gewähre ich gern Einblick in meine Margenabrechnungen.] Nennen wir es postpubertäres Kokettieren einer verheirateten Frau, die mehr im Kopf hat als vor der Hütt’n. Wem das zu viel ist (hahahahaha), dem lege ich diesen Song ans Herz, der zwar nicht zu meinen Alltime-Favourites gehört, aber sich gerade so schön andient.

 

Zu soft? Und da wären wir auch schon bei der nächsten Erläuterung …

 

Popo-Foto. Götz von Berlichingen weiß Bescheid. 

Wie kannst du nur behaupten, du wärst Rockabilly/Metalfan/cool, wenn du weder säufst, noch Festivals besuchst, noch Piercings hast oder tätowiert bist?

 

Behaupte ich ja gar nicht. Ich mag die Mode, ich liebe die Songs und Bands. Aber ich hab eher mit Hitzewellen zu kämpfen, als dass sich ein Pinguin in meiner Nähe wohlfühlt. Andererseits ist mein tatsächlicher Alkoholkonsum Privatsache, ebenso die Faktenlage über Löcher, die nicht bereits seit Geburt meinen Körper zierten oder sonstige farbliche Kunstwerke auf meiner Haut. Zufrieden? Natürlich nicht. Dachte ich mir. Also gut. Ich bin bei der Durchlöcherung und Farbgestaltung der Haut anderer Menschen so liberal und tolerant wie man nur sein kann. Meine Narben am Körper reichen mir aber als Schmuck bzw. zu Zwecken der Selbstbildfindung sowas von aus, dass ich mich einfach nicht für ein Motiv bzw. eine Stelle bis in (fast) alle Ewigkeit entscheiden möchte. Und zum Thema Festivals: Ihr dürft alles von mir lesen, aber nicht alles wissen. Bäm.

 

Bäm wie – Ende?

 

Ende. Genug erklärt für einen Artikel. Mehr über den Pontiac, Veganismus und – o Wunder! – meine Arbeit gibt es demnächst hier zu lesen. Bis neulich!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Andreas Schütte (Samstag, 11 August 2018 17:34)

    ...wie kannst du nur so ehrlich zu uns sein...

  • #2

    Grüne Ronja (Dienstag, 14 August 2018 14:18)

    Das zerstört völlig mein Bild von dir. Nicht. Ehrlich und authentisch, schäme dich! Dafür bist du mein Vorbild ;)