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Small Scale Actions für die Stadt im Grünen. – HÄ?

Ein weiterer Einblick in das URBACT-Projekt Active Citizens und die erste Möglichkeit, sich selbst (also Sie da draußen an den Empfangsgeräten) zu beteiligen. Iiiiih, beteiligen … So’n bisschen. Bitte. Wir bereiten auch was vor!

 

Was macht ihr da eigentlich und wem soll das helfen?

Im ersten Artikel dazu habe ich versucht, URBACT Active Citizens in seiner Komplexität etwas einzudampfen und auf wenige Sätze zu reduzieren.

 

Beim URBACT-Projekt Active Citizens geht es um die Erstellung eines Handlungskonzepts für mehr Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene. Ich bin Teil des Dinslakener Gremiums, das in den kommenden zwei Jahren ein vollwertiges Bürgerbeteiligungsprogramm für unsere Stadt entwickelt. Laien und Profis, Bürger und Verwaltung arbeiten Hand in Hand, tauschen sich mit anderen Städten aus und schreiben einen Integrierten Aktionsplan, der dann maßgebend für weitere Entscheidungen ist.

 

 

Dabei habe ich bspw. den Integrierten Aktionsplan nicht erläutert, weil wir diesen erst jetzt mit erstem Leben gefüllt haben. Der Integrierte Aktionsplan ist einerseits eine Testumgebung, in der mit verschiedenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung experimentiert wird. Wie komme ich an die Wünsche und Ideen der Bürger*innen, wo finde ich Expertise, was kann man wie umsetzen, wer ist verantwortlich und wann soll etwas stattfinden?

 

 

Aha. Schön. Und?

 

Wir haben uns Gedanken zu Zielen, Handlungsfeldern, Methoden und den beteiligten Menschen gemacht. Entwickelt werden soll eine Beschlussvorlage für den Stadtrat, die ein umfangreiches Bürgerbeteiligungskonzept für unsere Stadt enthält und bindend ist. Was wir dazu langfristig aufstellen müssen sind u.a. Workflow-Prozesse, Dienstanweisungen und ein Methodenkonzept, auf das man bei allen Projekten zurückgreifen kann, um jeweils die bestmögliche Form von Beteiligung dafür zu gewinnen.

 

 

Um das Ganze mit Leben zu füllen und sich an diese Mammutaufgabe heranzutasten, gibt es sogenannte Small Scale Actions. Kleine echte Aktionen, die als Testumgebung für Beteiligungsmodelle fungieren. An denen man sich ausprobieren kann, scheitern darf, aber auch erste Ergebnisse ableiten kann. Jedes Gruppenmitglied ist gehalten, eine Small Scale Action zu entwickeln und zu präsentieren, die dann bis Ende 2021 durchgeführt und analysiert sein können muss. Können. Denn von den vorgestellten Projekten werden maximal vier durchgeführt, auf die man sich demokratisch verständigt hat.

 

 

Toll. Ihr gebt also direkt mal was vor!?

 

 

Jein. Genauso wie unsere Gruppe eine Vorgabe war, um überhaupt starten zu können, kann man natürlich nicht bei diesen Testprojekten erstmal eine Umfrage machen und warten, dass sich jemand meldet, der eine Idee hat. Da ich aber den Ansatz gut finde, trotzdem zu erfahren, welche Themen die Dinslakener bewegen und bei der Bewertung der Themen meiner Kolleg*innen nicht nur meine eigene Meinung einzubringen, habe ich auf Facebook mal offen gefragt, was die Dinslakener*innen sich wünschen würden, was als Kleinprojekt kurzfristig in Angriff genommen und von den Bürger*innen mitgestaltet werden könnte. Die Wunschliste beinhaltet bisher

 

  • Gestaltung des Umfelds am Platz der Vielfalt, sodass er annähernd Profil bekommt, bis die Anlieger Caritas und RAG mit der Gestaltung ihrer Flächen aus den Pötten kommen
  • Digitalisierung der Verwaltung rund um das Bürgerbüro, Anträge, Anmeldungen, Ummeldungen etc. / bessere Erreichbarkeit des Standesamtes
  • Häufigere Bürgerbefragungen
  • Das Bahnhofsgebäude (sofern möglich) von innen bemalen/sprayen lassen, ggf. unter gestalterischer Mitwirkung von Bürger*innen
  • Parkkonzept für die Innenstadt; auch wenn wir weitestgehend autofrei werden oder zumindest weniger Innenstadtverkehr haben wollen, besteht hier Verbesserungsbedarf
  • Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, gerade in der Altstadt (Stichwort: Feierabendmarkt)
  • Ein von den Jugendlichen mitgestaltetes und akzeptiertes Jugendcafé, ähnlich einem Jugendzentrum, in bester Innenstadtlage, das sich überwiegend an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientiert, aber auch Angebote hat, in denen z.B. Reparaturfertigkeiten oder Handwerkliches vermittelt werden/ ein Jugendcafé unter Beteiligung bspw. der Lebenshilfe, welches einerseits Behinderten Sichtbarkeit und einen Arbeitsplatz möglichst zu Bedingungen des ersten Arbeitsmarkts gibt, Berührungsängste abbaut
  • betreute Spielplätze, wo immer Sozialarbeiter der Stadt vor Ort sind und auch gemeinsam Sachen mit den Kindern machen, egal ob kochen, bauen, reparieren, etc. wie beispielsweise der Bauspielplatz an der Fuchsstraße in Duisburg, dort gibt es sogar Getränke und Mittagessen vor Ort zu kaufen. Es ist ein Ort der Begegnung und Treffpunkt, für alle offen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ah. Und was davon stellste  vor?

 

Ausarbeiten werde ich von den Themen vermutlich erstmal keins. Ja, ich weiß, was frag ich denn dann erst … Es ging mir darum, ein Gefühl zu bekommen und zu sammeln. Wir brauchen langfristig ein Portfolio an Mitbestimmungsthemen, auf das wir zurückgreifen können. Und die müssen von da kommen, wo sie auch stattfinden – in den Köpfen der Bürger*innen.

 

 

Ja. Und was ist in deinem Kopf?

 

 

Außer Blabla, vielen Fragen und dem Hang zum naiven Altruismus? Ein eher seichtes, aber meines Erachtens geeignetes Thema. Gärten des Grauens.

Meine Small Scale Action befasst sich also mit einem Thema, das schon mehrfach (unter anderem Grüne und UBV) im Rat aufgetaucht, aber irgendwie auch wieder in der Versenkung verschwunden ist. Stein- und Schottergärten. Wir nennen uns „Die Stadt im Grünen“ und ich kenne keinen Dinslakener, der sich über zu viele Grünflächen beschwert. Eher das Gegenteil ist der Fall, man befürchtet, dass wir zu sehr bebaut werden und  langfristig zu wenig Naherholungsgebiete haben. Und wie viel näher kann Erholung beginnen als im eigenen Garten?

 

 

 

Die Versiegelung von Flächen und die Versteinerung von Vorgärten sind bundesweit Thema. Wo man mit bienen- bzw. generell insektenfreundlichen Wiesen und anderen Flächen in öffentlicher Hand gegenzusteuern versucht, kann man in den privaten Raum nur durch Vorgaben oder Appelle eindringen. In Baden-Württemberg gibt es inzwischen ein Verbot von Schottergärten, welches ich persönlich zwar begrüße, aber auch sehr traurig finde, weil es wenig lehrreich ist.

 

Meines Erachtens kann hier angesetzt werden. Unter Beteiligung der Bürger*innen soll ein Konzept erstellt werden, wie mit vorhandenen Schottergärten umzugehen ist, und über Bildungsmaßnahmen wie Workshops/VHS-Angebote und eine Dinslakener Vorgarten-Fibel eine Sensibilisierung für artenvielfältige Vorgärten erreicht werden.

 

Die Bürger*innen können so das drohende Problem eines Verbots abwenden, indem sie die entsprechende Satzung mitgestalten. Außerdem können durch die Bürger*innen Musterflächen (also die eigenen Vorgärten) bereitgestellt werden, die ggf. in Kooperation mit hiesigen Unternehmen zu bienenfreundlichen und trotzdem pflegeleichten wie schönen gestaltet werden. In welcher Form hier Anreize geschaffen werden (Förderung, Werbung) können, ist im Rahmen der Small Scale Action zu ermitteln. 

 

 

Konkret? Mach mal SMART!

 

SMART, na gut. Spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert. Auf geht’s.

 

Für den Bereich der Stadt Dinslaken soll ein Konzept entwickelt werden, um artenvielfältige und trotzdem pflegeleichte Vorgärten zu fördern, ggf. Anreize dafür zu schaffen und ein Verbot von Schottergärten abzuwenden. Dieses Konzept soll in einer Vorgarten-Fibel festgeschrieben werden, die Ideen und Wissen zur Gestaltung vermittelt. (S)

 

Von „keine Regelung“ zu „wir haben eine Regelung“. Oder vielmehr: Jeder Garten, der kein Schottergarten mehr ist oder wird, ist ein Gewinn. Natürlich kann man zusätzlich eine Zählung/Schätzung der Schottergärten vornehmen und diese in Abständen wiederholen. (M)

 

Das Bewusstsein für unsere Stadt im Grünen ist bei den Bürger*innen sehr hoch, speziell (gefühlt) bei den Alteingesessenen. Die Akzeptanz wird durch die Abwendung eines Verbots in Form einer Art freiwilligen Kontrahierungszwangs erreicht. Ökologische Themen sind ohnehin im Trend. (A)

 

Das Projekt ist klein genug, um es als Testumgebung anzusehen. Sollte es scheitern, fällt die Arbeit wieder maßgeblich den Stadtverordneten zu, die dies eh auf der Agenda haben. Aus einer erfolgreichen Umsetzung lassen sich nicht nur methodische Best-Practices ableiten sondern auch Erkenntnisse zur Akzeptanz und Eigenverantwortung bei Mitbestimmung. Es werden sich sicherlich genügend Bürger*innen finden, die sich an der Mitentwicklung beteiligen wollen. (R)

 

 

Die Small Scale Action „Vorgarten-Fibel“ wird der Öffentlichkeit noch im 4. Quartal 2020 vorgestellt und soll bis Ende 3. Quartal 2021 durchgeführt und ausgewertet sein. (T)

 

 

Aha.

 

Aha :-) Ja, normalerweise bin ich ein Freund von Think Big und würde gern die Dinslakener Finanzen, den Bahnhof und das Bildungswesen retten, aber die Small Scale Actions heißen nicht zufällig so. Vielleicht ist die Vorgarten-Fibel auch schon zu groß dafür. Vielleicht aber auch nicht und sie findet in der Arbeitsgruppe so viel Anklang, dass euch das Thema demnächst in der Lokalpresse begegnet. So oder so: Sagt mir gern, was ihr davon haltet, ob ihr euch an sowas beteiligen würdet und wie ihr euch das vorstellt.

 

 

 

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