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Unser täglich Freibad gib uns heute – nee, danke, an dem Thema hab ich mich überfressen

 

 

Was das Dinslakener Drama mit einer griechischen Tragödie zu tun hat, wie man sich das alles schönrechnet und warum selbst meine Fantasie nicht ausreicht, sich so was auszudenken und es trotzdem real passiert.

 

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Eigentlich müsste ich gerade ein Logo zu Ende designen. Aber schon beim Wort Logo, welches eng verwandt ist mit dem Begriff Logik (beide basieren auf dem griechischen Wort Logos, von altgriechisch λόγος lógos, deutsch: Wort, Sinn, Vernunft), widmet sich meine Konzentration automatisch den Entwicklungen um die Nachnutzung des Freibadgeländes in Hiesfeld, die inzwischen an eine griechische Tragödie erinnern. 

 

Wer diesem Blog schon länger folgt, kennt die hier unter #Dinslaken abrufbare Vorgeschichte, für alle anderen mache ich es kurz:

 

Es gab von 1924-2017 in Dinslaken-Hiesfeld ein Freibad, zuletzt betrieben von den Stadtwerken Dinslaken. Als es 2016 zu einer mittelgroßen Reparatur hatte kommen sollen, wurde seinerzeit ein größerer Sanierungsbedarf entdeckt, Gutachten wurden eingeholt und es wurde festgestellt, dass eine wirtschaftliche Durchführung der Sanierung nicht möglich war und das Gelände für einen Neubau/modernen Umbau nicht tragfähig . Diese Gutachten wurden angezweifelt, der Freibadverein und viele Bürger*innen protestierten und klagten gegen das Ende des Freibads. Das vorläufige Ende vom Lied war die Einebnung des Geländes inkl. Abriss des Beckens. Und spätestens hier greift die Kraft des normativen Faktums: Es ergibt keinen Sinn mehr, über ein Freibad an diesem Standort nachzudenken, weil man es bereits ausgelöscht hat.

 

Und nu?

 

Das am Rand des Hiesfelder Walds in einem Naturschutz- bzw. Landschaftsschutzgebiet gelegene Grundstück in idyllischer Nachbarschaft zur alten Wassermühle und dem Rotbach liegt seither brach. Um dem entgegenzuwirken beauftragte der Rat der Stadt die städtische Flächenentwicklungsgesellschaft (DIN FLEG) mit der Entwicklung eines Nachnutzungsplans unter Einbindung der Bürger*innen. Dieser Prozess heißt auch Ko-Kreation und erlaubt in frühen Stufen, zunächst alle Wünsche und Vorschläge zu sammeln und diese dann in der weiteren Entwicklung auszuarbeiten, gegeneinander abzuwiegen und schließlich einen demokratischen wie ökonomischen und ökologischen Konsens zu finden. Gesagt, getan. 

 

168 Bürger*innen beteiligten sich an dieser Entwicklung. Nicht sonderlich viel bei knapp 71.000 Einwohner*innen. 0,24 %, um genau zu sein. 

Nun gab es aber einerseits kein vom Stadtrat vorgegebenes Quorum und andererseits sprachen sehr viele der Beteiligten nicht nur für sich allein, sondern in ihrer Rolle als Vertreter von Vereinen und Verbänden. 

Herausgekommen ist dabei ein Konzept, das für Menschen jeden Alters und Einkommens gedacht ist, die Wünsche nach Nachhaltigkeit, Renaturierung, Verweilqualität und Naturnähe berücksichtigt.

 

Dem entgegen steht nun ein Plan der Stadtwerke, der Unterstützung der CDU, SPD und UBV erfuhr und eine konsumorientierte Freizeitstätte vorsieht. 

Die genannten Fraktionen stellen eine Mehrheit im Rat dar und können rein theoretisch diesen Plan beschließen und zur Umsetzung beauftragen. Legitimiert wird dieses Vorgehen im Namen der Demokratie, die Stadtverordneten sind gewählte Volksvertreter und sprechen stellvertretend für ihre Wähler*innen. 

 

Darf man das so sehen?

 

Unser Grundgesetz besagt in Artikel 20 »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.« Was aber nicht bedeutet, dass die gewählten Vertreter machen können, was sie wollen, weil sie ja im Namen des Volkes handeln.

 

Allein schon der so viel zitierte gesunde Menschenverstand sollte einen spätestens dann hellhörig werden lassen, wenn sich Protest regt. Wenn dieser dann auch noch sachlich und fachlich argumentiert, ist angeraten, ihn ernstzunehmen. (Ich versuche hier eine Abgrenzung von Schwurbel-, Rechter-Rand- und Querdenkerprotesten. Nur, falls da noch Zweifel waren.)

 

Wähnt man sich und seine Entscheidung dennoch im Recht, was man ja durchaus darf, muss man sich aber nicht wundern, wenn der Protest sich formiert und Geschütze [in Form juristischer bzw. demokratischer Maßnahmen] in Stellung bringt. Ob unsere Stadtverordneten sich wirklich wundern, weiß ich nicht, vermutlich sind sie eher genervt, dass sie sich damit auseinandersetzen und ihre Argumentation verteidigen müssen. Aber sorry, not sorry: Das gehört zum [ehrenamtlichen] Job dazu. Und man kann, wenn es einem zu viel wird, diesen [ehrenamtlichen] Job auch niederlegen. Nur, falls ihr hier [wieder ohne irgendwie darauf zu reagieren, warum auch ...] mitlest und das noch nicht wusstet, liebe Stadtverordnete.

 

Aber bevor ich mich vergaloppiere ...

 

... und [Achtung: Wortwitz] gleich beim Thema Trabrennbahn-Nachnutzung lande, nähern wir uns lieber dem Moment, wo ich Tacheles schreibe. Wobei ... Ich muss doch noch mal ganz kurz abschweifen. Lasst uns mal in die Seele des Dinslakeners blicken, um ihn besser zu verstehen. Der Dinslakener liebt die Nostalgie, er würde am liebsten in ihr leben. Er liebt die Trabrennbahn, das Hiesfelder Freibad, das Glockenspiel am Stammen-Haus und seinen Hertie. Er schwärmt davon, weil er damit bessere Zeiten verbindet. 

Als ich am Donnerstag mit der BIGG Unterschriften für die Umsetzung des in Bürgerbeteiligung geplanten Nachnutzungskonzepts für das Freibadgelände gesammelt habe, kam das immer wieder durch.

»Ich hab meiner Tochter da schwimmen beigebracht.«

»Ich hab noch ne Punktekarte von da und 30 Punkte offen.«

»Das war so schön nah und familiär.«

 

Die Tochter ist inzwischen selbst fast 40, die Punktekarte hat einen Platz im Stadtarchiv verdient und »familiär« entspricht allenfalls noch atmosphärisch dem Anspruch an ein wirtschaftlich zu betreibendes Unternehmen. Ich behaupte mal ganz frech, dass die Hiesfelder*innen sich zwar auch eine Schwimmgelegenheit vor der Haustür zurückwünschen, aber mindestens ebenso sehr Unbeschwertheit. Verlässlichkeit. 

 

Aus diesen Wünschen spricht auch massiv Zukunftsangst, die ich hier nur feststelle, keineswegs kritisiere. In Zeiten massiver Preissteigerungen, klimakatastrophlicher Endzeitstimmung und alles andere als rosiger Aussichten für Otto Normalverbraucher ist das verständlich. 

 

Darf’s ein bisschen mehr sein?

 

In der oben erwähnten griechischen Tragödie gerät der Protagonist in eine ausweglose Situation und egal, welchen Ausweg er nimmt, es endet in einer Katastrophe. Abhilfe schafft meist nur das Eingreifen der Götter. In der Antike sollten Schaudern und Jammern den Zuschauer »reinigen«, er sollte nach dem Stück, in dem er mitgelitten hatte, durchatmen und befreiter nach Hause gehen. 

Und so wie die Hunger Games als moderne postapokalyptische Dystopie Schaudern und Jammern erzeugen, schafft es der Rat der Stadt Dinslaken, die Bürger*innen in das Dilemma des freien Willens zu verstricken. Auf die eine wie auf die andere Weise.

 

(Bis hierhin sind es übrigens knapp 1.000 Wörter, ich bedanke mich an dieser Stelle fürs Durchhalten und verspreche für den weiteren Verlauf ein paar Zahlen, Daten, Fragen.)

 

Was meine ich mit der oben genannten Verstrickung? Nun, das Gelände gehört irgendwie den Stadtwerken und irgendwie auch nicht, weil die Stadtwerke ja der Stadt gehören und das ganze Abkaufen und Zurückkaufen oder -mieten eigentlich nur eine Verschiebung von der rechten in die linke Tasche und zurück ist, das allenfalls dazu dient, Steuern zu sparen und Gewinne zu verlagern. Ob es dazu taugt, uns vor der Haushaltssicherung zu bewahren, frage ich weiter unten etwas genauer.

 

So oder so muss Geld dafür aufgewendet werden, um das Grundstück zu entwickeln. Und das kommt immer irgendwie von den Bürger*innen. Entweder durch Steuern, die dann direkt oder über Fördergelder eingesetzt werden, oder durch Verwendung von Gewinnen, die durch den Verkauf von Strom, Wärme und Wasser an den Bürger erzielt wurden. Oder eine Kombination aus allem. Wie man es dreht und wendet: Das Geld kommt von uns. Auch das für die Kredite.

 

Ist es da also fair, einen in Bürgerbeteiligung entwickelten Plan einfach zu ignorieren bzw. allenfalls geistig beleihen zu wollen?

Die Stadtverordneten haben eine Art Generalvollmacht und sind eigentlich frei in ihrer Entscheidung. Dass wir in Dinslaken bei vielen Fraktionen einen Fraktionszwang haben, also den Zwang so abzustimmen, wie die Fraktionsspitze es vorsieht, kommt dabei dem Bürgerwillen nicht gerade zu Gute. 

Wer den Artikel zum Geldfluss hier in der Stadt gelesen hat, versteht wohl ziemlich genau, was ich meine. 

 

Mathestunde mit Frau Schwarz

 

Heute gab es ja zum ersten Mal konkrete Zahlen zu den Konzepten.  Im Artikel wird auch noch mal deutlich, was ich mit »linke Tasche, rechte Tasche« meinte ...

 

Lassen wir mal außen vor, dass das in Bürgerbeteiligung erarbeitete Konzept schon 422.000 € verschlungen hat; das sind in etwa 6 € pro Dinslakener Bürger*in und meines Erachtens verschmerzbar, wenn sie denn zum Ziel führen.

 

Stellen wir mal nackt gegenüber: 4,56 Millionen Euro Gesamtinvestition und 30.000 Euro [aufgerundet] Betriebskosten beim nennen wir ihn Bürgerplan zu 6 Millionen Euro Investition (netto) mit 120.000 Euro Betriebskosten pro Jahr beim Stadtwerkeplan. 

 

Nun ist günstiger nicht immer besser, wir sind als Stadt zu arm für billige Konzepte.

 

Dem Bürgerplan fehlt leider eine Zahl, mit welcher der Stadtwerkeplan sich schmücken kann: der Ertrag.

450.000 Euro Einnahmen im ersten Betriebsjahr rechnen sich die Stadtwerke für ihr Vorhaben aus. 

 

Falls nach meiner Gardinenpredigt von oben noch nicht alle von euch drauf gekommen sind: Auch das bezahlen wir. Die fallen nicht wie Manna vom Himmel. Dennoch inszenieren sich die Stadtwerke hier als Sterntaler und spannen das Nachtgewand auf, um die Euronen damit einzufangen. Fünf Euro für Adventure-Minigolf pro Person; man rechnet mit 8.000 Besuchern im Jahr. Lass ich mal so stehen.

 

Sommerkino mit 12 Euro pro Ticket und erwarteten 3.000 Besuchern pro Film. Joa, wenn man mal bei der DIN-Event nachfragt, wie das zuletzt so mit den Veranstaltungen lief, könnte man meinen, dass es in der Branche gerade schwierig ist, aber wenn man sich mit »Filme mit Freunden« und dem Duisburger Sommerkino auf eine Stufe stellen will, bitte.

 

Suchen wir doch mal den direkten Vergleich

 

Stadtwerke Sommerkino in Duisburg. 37.626 Besucher an 40 Veranstaltungen, bei Ticketpreisen von 10-12  Euro. Duisburg hat knapp 500.000 Einwohner, liegt mitten im Ruhrgebiet und der Lanschaftspark an sich ist bereits Publikumsmagnet. Das Sommerkino ist seit 1996 etabliert, hat klein und einfach angefangen und wurde zum Highlight im Veranstaltungskalender. Sponsoren sind die Stadtwerke Duisburg, König Pilsener und die Duisburger Wohnungsgenossenschaften. Sponsoren. Ach. 

Hab ich jetzt in Dinslaken nix von gelesen, aber hat man bestimmt mitgemeint.

 

Wir haben bereits Filme mit Freunden, welches aufgrund seiner Atmosphäre geschätzt und gut angenommen wird. Warum das Rad neu erfinden? Und wie stehen die Stadtwerke zum weiteren Sponsoring der etablierten Standorte?



Und don’t get me started on Adventure Golf

 

Ob jetzt die gleichnamige Firma mit ins Boot geholt werden soll oder nicht ... Entweder sind die 5 Euro pro Ticket sehr hoch oder viel zu niedrig angesetzt. Und wo die 8.000 zahlenden Gäste herkommen sollen, verrate mir mal bitte jemand. Klar, man hat natürlich Broschüren gewälzt und sich freudig die Hände gerieben. Da steckt aber [sowohl in der Broschüre als auch im Golfplatz selbst] ein enormer Marketingaufwand drin. Und eine Standortanalyse. Sorrygung, dass ich da Luftschlösser zerstöre, aber Adventure Golf ist neben einer Skihalle mit Kletterwand und Hotel ein klitzekleines bisschen attraktiver als neben einer alten Mühle am äußersten Zipfel des Ruhrgebiets, wo sonst halt neben Joggen gehen und Fahrradtouren nur der Hund begraben liegt. 

Die Dinger sprießen gerade wie Pilze aus dem Boden, googelt einfach mal den Begriff. Jede ambitionierte Kleinstadt klotzt sich so ein Ding hin, da darf Dinslaken, die Stadt im Grünen, natürlich nicht fehlen. 

 

Wirklich spannend finde ich ja die Finanzierung der 6 Millionen Euro, die die Stadtwerke nicht selbst aufbringen. Die NRW.Bank gewährt dazu ein Darlehen. Bereitet euch jetzt bitte auf seelische Schmerzen vor.

Die NRW.Bank ist die Förderbank für Nordrhein-Westfalen Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Alleiniger Träger der Bank ist das Land NRW. Wo kommt also das Geld für diesen Kredit her? 

Ja. Genau.

 

 

So oder so:

 

2,75 % Leihgebühr sind heute noch ganz gut, fast schon ein Schnäppchen. Man rechnet mit 133.000 Euro Finanzierungskosten in den ersten drei Jahren, »danach sinkende Zinsaufwendungen«. Die genauen Konditionen findet man auf der Webseite der NRW.Bank

Wie man sieht, sind auch Zinsbindungen bis 30 Jahre möglich. Wir kommen aus einem historischen Niedrigzinsniveau, befinden uns in den Anfängen einer Rezession, die Inflation ist für jeden von uns spürbar. Da will man sich also nicht lange festlegen. Na gut, die werden schon wissen, was sie tun.

 

Schmankerl am Rande: »Kreditentscheidung, Antragstellung sowie Auszahlung erfolgen über Ihre Hausbank.« 

Die Hausbank der Stadtwerke Dinslaken ist übrigens nach meiner Kenntnis ... na, wer errät es? ...  die NISPA. 

 

Das heißt, bis auf den eigentlichen Vertrag und die Konditionen ist die NISPA verantwortlich für die Prüfung der Kreditwürdigkeit, der Sicherheiten und des Konzepts. 

 

Jetzt lasst uns noch mal kurz überlegen, welche Verflechtungen es zwischen NISPA und Stadtwerken noch gab. Ach ja, der Verwaltungsrat [also known as Aufsichtsrat]. In dem auch Mitglieder sitzen, die ebenfalls im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzen. Und im Stadtrat. Aber im Stadtrat ja nicht über das reden dürfen, was in den Aufsichtsräten besprochen wird. Zwinkizwonki. Aber sie müssen in den Aufsichtsräten das sagen und tun, was der Rat beschlossen hat. Zwinkizwonki.

 

Und witzigerweise haben sowohl NISPA als auch Stadtwerke denselben Wirtschaftsprüfer [WIBERA] für ihre Geschäftsergebnisse. Was wiederum gar nichts heißen muss, ich aber einfach erwähnt haben wollte, weil es mir aufgefallen ist.

Und wo wir gerade bei lustigen Sachen sind, die in den Geschäftsberichten stehen:

 

Die Stadtwerke haben den letzten Geschäftsbericht Anfang Oktober veröffentlicht, den davor im Mai. Man darf also Anfang Oktober 2022 mit dem nächsten rechnen. Was darin stehen wird? Gute Frage.

Warum die Stadtwerke ausgerechnet jetzt, Mitte September, noch so ein Millionending wuppen wollen? Ich weiß es doch auch nicht.

 

Für den Bericht aus 2022 prognostiziere ich aber eine kleine hässliche Unannehmlichkeit.

 

Die Stadtwerke sind an der Steag beteiligt. Die Steag hat dieses Jahr einen Übergewinn zu verzeichnen, von dem auch die beteiligten Unternehmen profitieren. Man könnte sich jetzt entweder freuen, dass die Stadtwerke ja dann ordentlich Geld in die Kassen bekommen oder wundern, warum dann überhaupt eine Finanzierung nötig ist ... Joa.

Man kann sich aber auch obendrein mal fragen, wer den Gewinn der Stadtwerke versteuern muss.

 

Spoiler: Es sind nicht die Stadtwerke selbst. 

 

Es ist ein bisschen tricky, aber liegt in der Natur der Sache. Die Stadtwerke [GmbH] ist eine sogenannte kommunale Eigengesellschaft der Stadt Dinslaken [AöR] und daher gelten besondere Regelungen bei der Besteuerung. Diese haben zur Folge, dass Einkünfte aus der Beteiligung an der Steag steuerlich zum Beispiel nicht mit Verlusten aus der Flächenbewirtschaftung des ehemaligen Freibads verrechnet werden dürfen.  Es sind nur steuerliche Verrechnungen aus der Sparte des Versorgungsbetriebs (Strom, Wasser, Fernwärme usw.) möglich. Wenn eine wirtschaftliche Verflechtung besteht, die der Daseinsvorsorge dient, darf beispielsweise aber auch ein Verlust aus der Eishalle mit dem Gewinn eines Schwimmbads verrechnet werden, wenn die Abwärme der Eishalle dem Schwimmbad zur Heizung dient.

 

Für die Stadt bedeutet das letztlich, dass sie, auch wenn sie nicht direkt etwas vom Gewinn hat, die Steuerlast dafür trägt. Die Besteuerung ist mit 15 % ein bisschen weniger als die Kapitalertragsteuer [25 %], die Otto Normalverbraucher zahlen muss, wenn er einen Gewinn einfährt, aber dafür hat die Stadt auch keinen Freibetrag.  Je nachdem, wie hoch die Ausschüttung ist ... ich möchte hier das böse Wort Haushaltssicherung nicht in den Mund nehmen, aber ... na ja, so ist das, wenn man ein totgeglaubtes Unternehmen mit 1 € als Erinnerungswert in die Bücher nimmt und dann doch vergisst, dass sich die Zeiten auch noch mal ändern können. Mit diesem Gewinn hat vermutlich wirklich niemand mehr gerechnet [haha, sie hat gerechnet gesagt].

 

Ich stecke jetzt nicht tief genug in der Materie drin, um bewerten zu können, was ein Verlust bzw. Abschreibungen der Stadtwerke durch Grundstückskäufe und bspw. die Abwicklung einer Eissporthalle bilanziell gegen eine Beteiligung aus einem Übergewinn ausmachen. Aber ich darf doch seltsam finden, wie sich das alles liest, wenn man es gegenüberstellt, oder?

 

Was sich im Übrigen auch lustig liest, ist dieser Satz aus dem Konzernabschluss 2020 der NISPA:

 

»Die NISPA vergibt keine Spenden oder Zuwendungen an Regierungen, Parteien, Politikerinnen oder mit ihnen verbundenen Einrichtungen.« 

   

Eine Aufwandsentschädigung für den Verwaltungsrat hätte ich jetzt auch als Zuwendung angesehen, aber das mag Wortklauberei sein. Spannend finde ich allerdings, dass im gesamten Dokument gegendert wird, meist mit :, und hier ausschließlich die weibliche Form »Politikerinnen« benutzt wird. Wie viele weibliche Stadtverordnete sitzen noch gleich im Verwaltungsrat der Nispa? 

 

Und noch was Lustiges:

 

»Der Verwaltungsrat bestimmt insbesondere die Richtlinien der Geschäftspolitik [...]  Der Träger wählt und entsendet Repräsentanten/innen in den Verwaltungsrat (demokratische Legitimation) und stellt sicher, dass die zur Wahl stehenden Verwaltungsratsmitglieder die für ihre Aufgabe erforderliche Sachkunde besitzen.«

 

Wie oben beiläufig erwähnt, habe ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Ich weiß, dass der ein oder andere mich für »geistig schlicht« hält, aber Sachkunde habe ich damit. Zumindest auf dem Papier. Ob die allerdings reichen würde, die Richtlinien der Geschäftspolitik einer Sparkasse mitzubestimmen, wage ich zu bezweifeln. Was also bspw. ein pensionierter Starkstromelektriker oder ein Lehrer oder ein technischer Angestellter da macht, müsste ich hart spekulieren. Der Verwaltungsrat ist ja kein Gremium wie bspw. Schöffenrichter, die bewusst vom Recht keine Ahnung haben und nur mit ihrer Menschenkenntnis bzw. nach dem urteilen sollen, was sie während der Verhandlung gehört und gesehen haben. Das kann und sollte jeder machen. Aber echt jetzt, Verwaltungsrat einer Sparkasse ... Uff.

 

 

Man sagt mir ja viel Fantasie nach, wegen Büchern mit sprechenden Katzen und so,

aber hätte ich das in Gänze so als Fall auf meinen Schreibtisch bekommen, als ich noch bei der Bank arbeitete, hätte ich mit meinem Chef darüber gesprochen. Und mein weiser, erfahrener Chef hätte vermutlich geraten, das Ganze an die Compliance-Abteilung weiterzureichen und prüfen zu lassen, ob da nicht ein Anfangsverdacht vorliegt. Just sayin’.

Und nein, das hier ist kein Schreibprojekt für einen Wirtschaftskrimi, das läuft gerade echt so in Dinslaken.

 

Und da hilft es von Seiten der Stadtverordneten auch nicht, ein paar Nebelbomben zu werfen. Verlagerung der Hundewiese (UBV und SPD)? Portable Bäume (CDU)? Klar, gebt den Affen Zucker, bzw. den Dinslakener*innen etwas, worüber sie sich aufregen können und lenkt ruhig ein bisschen von dem eigentlichen Filzknäuel ab, mit dem hier katzengleich gespielt wird.

 

Während der nostalgiegeplagte Otto Normaldinslakener sich also daran abarbeitet, dass sein Hund demnächst woanders spielen und kacken soll, und die freibadvermissende Gisela Normaldinslakenerin sich fragt, warum man nicht ne autofreie Zone auf der Hohl- und Sterkrader Straße errichtet und das Ganze dann komplett begrünt, gehen am anderen Ende der Stadt in der Eishalle die Lichter aus.

 

Aufgeschoben ist manchmal eben doch aufgehoben.

 

Oder glaubt auch nur ein einziger unter euch daran, dass die 2010 sanierte und seinerzeit Vorzeige-Eishalle auch 2025 noch als solche in Betrieb ist? Das Freibad am Dinamare ist fast fertig, da protestiert keiner mehr, dass es ja nicht nachhaltig wäre, das noch zu bauen, wenn die Abwärme der Eishalle nicht genutzt werden kann. 

 

Mich würde übrigens nicht wundern, wenn ein ehemaliger Planungsdezernent gleich eines Deus ex machina den weiten Weg aus Oberhausen auf sich nehmen würde, um unser Städtchen mit einer weiteren Sichtachse zu beglücken.

 

Schon wieder 2.800 Wörter und ich hab noch keines über die Verbindlichkeiten der Stadtwerke gegenüber Kreditinstituten verloren (145 Mio Euro), die im Vergleich zum Geschäftswert (ca. 25 Mio Euro) auf den ersten Blick viel erscheinen, aber solange die Sicherheiten werthaltig sind [zwinkizwonki], ist das vertretbar [wir reden von 2020]. Warum allerdings 480.000 Euro auf Finanzanlagen abgeschrieben werden mussten, ging jetzt nicht ganz so genau aus dem Bericht hervor. Dafür aber ließ sich verifizieren, dass und wie viel Geld der gesamte Aufsichtsrat 2020 bezogen hat. 90.000 Euro. Bevor jemand fragt: Der Geschäftsführer hat 300.000 Euro verdient. 

Das macht sehr viel Lust auf den Bericht von 2021, oder?

 

Hmtjanun, wer weiß, was wird ...

 

Unlängst unkte bereits der Sprecher des Deutschen Städtetags, dass die Stadtwerke im Bundesland gegebenenfalls unter einen Rettungsschirm müssten, da Zahlungsausfälle wegen der gestiegenen Energiekosten drohen.    

 

Warum ich euch das alles erzähle, auch wenn ich keinen Zusammenhang herstelle oder keine sensationellen Entdeckungen gemacht habe? 

 

Ey, echt jetzt? Ich hab mir die Konzernabschlüsse, Organisationsdiagramme, Zeitungsartikel und Lebensläufe nicht durchgelesen, weil ich sonst nicht schlafen kann. Mir geht es darum, dass ihr euch ein etwas genaueres Bild davon machen könnt, warum Pläne wie der der Stadtwerke zur Nachnutzung des Freibads an der Realität vorbei gehen.

Wer sich heute schon Strom und Wärme der Stadtwerke nicht mehr leisten kann, wird morgen nicht 20 Euro für Minigolf für sich und seine Familie [an ein Unternehmen der Stadtwerke] abdrücken. 

 

Wir reden hier überwiegend von Steuergeldern und/oder Gewinnen der Stadtwerke [die ja auch versteuert werden müssen, wie erklärt], die für die Nachnutzung eines Areals in einem Landschaftsschutzgebiet aufgewendet werden sollen. Der dafür von den Bürger*innen mitentwickelte Plan ist nicht nur weitgehend barrierefrei, sondern bietet auch denen eine Möglichkeit zur Teilhabe und Rekreation, die es sich sonst schlicht und ergreifend nicht leisten können. Wir haben einen Armutsanteil von fast 16 % in Deutschland, was in etwa 11.000 Menschen in Dinslaken betrifft, Tendenz steigend. 

 

Wir haben eine Halle für alle, wir brauchen einen Park für alle und nicht nur für die oberen 11.000.

 

Wenn so scheinheilig gefragt wird, wie repräsentativ die 168 Personen für die Bürger*innen der Stadt sein sollen – fragen wir mal ganz ketzerisch zurück: 

Wie repräsentativ ist denn der Plan der Stadtwerke? Wer hat sich dafür eingebracht und eingesetzt? Wie viele Menschen haben den mitentwickelt und wollen den durchsetzen?

 

Um, ganz im Sinne der griechischen Tragödie, auf den Prolog zurückzukommen: Die Logik hinter all dem möchte ich gern verstehen. Und ich denke, dass ich da a) nicht alleine bin und b) wir ein Recht darauf haben, dass hier Transparenz oberste Priorität hat. 

 

Schweigen im Hiesfelder Walde

 

Inzwischen haben die Petition der BIGG 1.000  Menschen aus Dinslaken unterzeichnet und fordern den Rat der Stadt auf, das in Bürgerbeteiligung entstandene Konzept umzusetzen. Innerhalb einer einzigen Woche. 

 

Das Schweigen im Hiesfelder Walde bzw. Beharren des Rates der Stadt wird langsam zur Farce.

 

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Kommentare: 7
  • #1

    Volker (Samstag, 17 September 2022 19:33)

    Guter Artikel! �

  • #2

    Martin (Samstag, 17 September 2022 23:48)

    Larissa, wie immer: Mitten ins Schwarze!

    Vielleicht sollte das ein oder andere Ratsmitglied sich noch mal in Ruhe überlegen, welch Amt es da inne hat und welche Verantwortung diese Wahl mit sich bringt. Man ist Teil (und kein unwichtiges) unserer Demokratie / Systems. Und es sind vor allem das von dir beschriebene Verhalten das immer mehr Bürger dieses System in Abrede stellen.

  • #3

    Doris (Sonntag, 18 September 2022 10:05)

    Wow, super recherchiert, toll geschrieben! Für dich Glückwunsch, für den Rat: schämt euch und geht nach Hause!

  • #4

    Hans Jürgen Rüffert (Dienstag, 20 September 2022 11:41)

    Sehr gut geschrieben.

  • #5

    Tom Szam. (Dienstag, 20 September 2022 12:36)

    Nun ja, nach gestern Abend (Rat und der KTH) kann man durchaus sagen, dass Ihre Darstellung doch arg verkürzt ist.
    Selbst mir auf der Zuschauertribüne kamen Zweifel aus, ob ich bisher nicht auf die Lautesten anstatt auf die Reflektierten gehört habe. Den Bürgerwillen konterkariert und ins Lächerliche gezogen hat ein Ratsherr, der sich nicht zwischen seiner Rolle als Vorsitzender und Lobbyist, Bürger oder gewählter Vertreter entscheiden konnte. Eher ein Bärendienst an unserer Sache. Es muss die beste Lösung gefunden werden. Für mich als Bürger eines angrenzenden Stadtteil ist das eben nicht die, die bei angespannten öffentlichen Haushalten eine Belastung des Verwaltungshaushaltes der Stadt nach sich ziehen. Und da hatte Herr Kremer für mich nen Punkt: Eine Durchführung durch Kommune und ihre Organisationen führt (möglicherweise) zur Anhebung der Grundsteuer B. Nicht gut! Und führt sicherlich zu Protesten am Förderturm, der Emscher oder rund um St. Johannes. Denn sind wir mal ehrlich. Die juckt eine Fläche auf ihre Kosten recht wenig. Außer das sie diese im Umlageverfahren mit finanzieren. Naturnah flanieren können die auch vor ihrer eigenen Haustüre. Zahlen möchten sie das möchten sie die Bürgerideen der Hiesfelder für Hiesfeld nämlich auch nicht!

  • #6

    Ollsack (Donnerstag, 22 September 2022 00:41)

    Holla die Waldfee!
    Habe von den Zusammenhängen nicht mal die Hälfte verstanden als Dinslakener Normalotto, aber das hört sich nach dem üblichem Filz und Selbstbedienungsmist an.

  • #7

    Tom Szam (Donnerstag, 22 September 2022 09:32)

    Dann sagen Sie doch mal, wo Sie den vermuten?

    Ich habe da erstmal nichts entdecken können. Es sind halt unterschiedliche Arten der der Nutzung, die sich im Endeffekt kaum unterscheiden. Lediglich die Finanzierung ist eine andere. Mensch muss halt wissen wo man das Geld herholen möchte. Die Krone hat der Prof. Lenzen auf, der mikroklimatische Veränderungen bei eingeschossigen querstehenden Gebäuden vermutet. Als Mensch der solche Dinge als Teil seiner Ausbildung genießen durfte, muss ich leider sagen, dass das hanebüchener Unsinn ist.

    Für mich kann ein Zaun drum, die Fläche als Überflutungsbereich ausgewiesen werden (Hochwasserschutz inklusive). Die Natur macht das dann schon! So hat man dann eine eine 1,42 Mio. teure Überflutungsfläche!