Schon die Überschrift ist irgendwie falsch. Bei einem chronologisch geschriebenen Beitrag (Beitrag wozu eigentlich? Zur Weltgeschichte? Zu des Lesers
Erheiterung?) lässt das auf eine insgesamt schlechte Qualität schließen; des Föhns und des Beitrags gleichermaßen. Aber von vorn.
Ich schreibe „der Föhn“, weil das Wort für mich griffiger klingt als „der Haartrockner“ und auf den ersten Blick auch Leserschaft abholt, die eben nicht wissen will, wie es zwischen meinen Haaren
und heißer Luft steht, sondern nur an den warmen trockenen Fallwind denken und ein bisschen Urlaub in den Bergen fühlen.
Der Föhn, den ich meine, wird auch nur in der Umgangssprache so genannt, das Markenprodukt namens Fön von Sanitas, später AEG, habe ich nie besessen. Fön ist übrigens wie bspw. Tempo und Tesa ein
Deonym, was ich nur der Vollständigkeit halber erwähne.
Früher nannte man ihn auch „Heißluftdusche“ – nicht zu verwechseln mit Heißluftbad. Letzteres, für die, die es nicht wissen, ist das Pupsen unter der Bettdecke mit anschließendem Liegenbleiben
(Baden). Sie haben recht, das habe ich mir ausgedacht. Wobei … nicht ganz. Der angelsächsische Sprachraum kennt dazu den Begriff „Dutch Oven“, holländischer Ofen, und meint spezifisch das Furzen
unter einer partnerschaftlich geteilten Decke. Um den Ekelfaktor dieses Beitrags nicht weiter zu erhöhen, gehe ich jetzt nicht auf die Absichten des Furzenden ein. Später vielleicht.
Föhnen, so finde ich, ist daher der schlüssigere Begriff; trocknen können sie auch an der Luft oder mit dem Handtuch, die dann der Haar“trockner“ sind.
Kommen wir zurück auf den Föhn, um den ich trauere. Wer das hier mit der Stimme von Torsten Sträter liest, ist im Übrigen selbst schuld. Mein Föhn ist nämlich kaputt. Also eigentlich tut er es
noch, aber am Kabel hat er einen Wackelkontakt. Da, wo das Kabel in das Gehäuse geht, um genau zu sein. „Den kann man dann aber noch benutzen!“, höre ich Sie sagen.
Man kann auch an Beryllium lecken, aber ratsam ist es nicht.
Der Föhn läuft auf 230 Volt und mein geistig behindertes Kind lernt gerade, sich die Haare damit zu trocknen, was angesichts seiner Cerebralparese und sehr groben Grobmotorik sowieso schon
Unfallpotential in sich birgt. Da will ich einen Stromschlag so gut ich kann ausschließen. Die Elektriker unter Ihnen lachen wahrscheinlich jetzt über mein einfältiges Verständnis von
Widerständen, Sicherungen und der Welt. Wenn Sie mögen, schenke ich Ihnen den defekten Föhn. Der Motor läuft einwandfrei und ich habe auch einen Lockenaufsatz dafür. Mit 2000 Watt liegt er in
einem ganz guten Leistungsaufnahme-Nutzen-Bereich, rosé ist gerade in Mode und die zehn Jahre sieht man ihm kaum an. Reparieren Sie ihn gern für sich, wenn Sie können, ich will ihn nicht
mehr.
Ich hätte ihn schon noch gewollt und habe auch an eine Reparatur gedacht. Aber das Gehäuse hat nicht mal Schrauben, sondern ist nur geklebt. Da hilft mir auch nicht, dass es inzwischen Gesetze
gibt, die es erschweren, solche Geräte mangels Reparaturmöglichkeit zu Wegwerfprodukten zu konstruieren. Wenn ich damit beim Repair-Café aufkreuze, werde ich vermutlich ausgelacht.
Zehn Jahre sind ja auch keine Haltbarkeit, über die man sich beklagen sollte. Kann man machen, aber da wären vier oder sechs ärgerlicher gewesen. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie teuer das
Schätzchen war. Irgendwas zwischen 129 € und 149 €. Also maximal 15 € pro Jahr für einen Föhn; finde ich vertretbar. Davor hatte ich fast alle drei Jahre einen neuen, je zwischen 40 und 80 Euro
kostend. Aber das war ein anderes Jahrtausend.
Ich fand dieses Modell grandios, vor allem weil es ein sehr langes Kabel hatte. „Salonlänge“, nennt sich das. Da war schon fast egal, wo die nächste Steckdose war, es reichte bis zum
Spiegel.
Ein bisschen schwer und damit auf Dauer unhandlich war er, deswegen weine ich ihm auch nur eine Träne nach. Nicht keine, nicht zwei. Eine. Er war nämlich auch nur unbefriedigend zu reinigen. Die
Kappe hinter dem Motor ließ sich zwar gut entfernen, aber nur mit viel Friemelei wieder aufsetzen. So ein toller Föhn war es also auch nicht. Der Nachfolger ist laut Rezensionen bei einem großen
Warenversender der Brüller. Im Sinne von laut. Und nicht so haltbar. Im Sinne von schnell kaputt. Der wird es also nicht.
Ich fragte daher meine Schwägerin nach einer Empfehlung. Die angehende Friseurmeisterin mit reichlich Berufs- und Föhnkauferfahrung riet mir indirekt zum Dyson. Direkt jedoch zu einem anderen
Modell, da der Dyson halt unverschämt teuer ist und meiner Recherche nach einfach nicht lang genug hält. Zwischen 350 € in der einfachen und 500 € in der Variante mit für mich wichtigem Zubehör
müsste er über den Daumen gepeilt 30 Jahre halten. Ein Dyson schafft im Schnitt vier. Der Motor ist für 1.200 Betriebsstunden ausgelegt. Gut, ich föhne nicht jeden Tag eine Stunde meine Haare,
also könnte man grob vom doppelten bis vierfachen ausgehen. Aber selbst, wenn er 16 Jahre halten würde, wären das immer noch mehr als 20 Euro pro Jahr. Ich weiß, ich rechne komisch, aber in
meinem Kopf ergibt das Sinn. Zumal ja vor dem Motor auch andere Teile schlappmachen können. Kabel zum Beispiel. Oder Schalter.
Ein Dyson-Klon, der vermutlich unter ähnlich miserablen Bedingungen ebenfalls in Singapur, Malaysia oder auf den Philippinen hergestellt wird, ist jetzt auch nicht meins, da ich kein Fan von
Produktpiraterie bin. Von fehlenden oder gefälschten CE-Zeichen, TÜV-Zertifikaten und ähnlichen Qualitätsprüfungen auch nicht.
Ich erhielt einen Tipp von meiner Schwägerin (wie sehr ich es übrigens verabscheue, Tipp mit zwei p zu schreiben, kann man sich kaum vorstellen); leise, leicht, verdrehsicheres Kabel in
Salonlänge, effizient und aus eigener Erfahrung lange haltbar. Und bestellte ihn.
Im selben Moment beschlich mich das Gefühl, meinen Friseur hintergangen zu haben, aber ich musste schnell handeln und da meine Schwägerin gerade griffbereit war, fiel die Wahl auf sie. Zumal ich
eigentlich gestern schon Haare hatte waschen, aber sie nicht lufttrocknen hatte lassen wollen und Junior das abendliche Haareföhnen vermisste.
Die Algorithmen sämtlicher sozialer Medien, Bestellportale und Suchmaschinen schlagen mir natürlich nur noch Haarstylinggeräte und -produkte vor. Amazon hat heute aufgegeben und fragte noch
während des Schreibens an diesem Artikel, ob ich vielleicht lieber Make-Up kaufen will. (Dabei hab ich den Föhn gar nicht dort gekauft.) Frei nach dem Motto: „Wenn die Haare schon scheiße
aussehen und müffeln, dann pinsel dir wenigstens was zur Ablenkung in die Visage.“ Dass ich mit Make-up nicht umgehen kann und aussehe wie Pennywise (und dann auch rieche wie aus der Gosse, siehe
Haare), weiß Amazon ja nicht. Ich bin also doch nicht gläsern. Und sollte ich mal Make-up brauchen, frage ich eh meine Freundin Anja.
Heute soll die Wunderwaffe nun eintreffen. Erwarten Sie kein „Unboxing“-Video von mir. Auch keinen Testbericht oder Affiliate-Links. Ich wollte hier nur meinen Föhn und die Tatsache betrauern,
dass ich es nicht geschafft habe, das Wortspiel „Boah, ich krieg nen Föhn“ unterzubringen.
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